WIESO NOCHMALS auf «das Gefängnis» zurückkommen, wo es doch scheint, dass schon alles über dieses Thema gesagt wurde. schlicht, um die selben Sachen zu wiederholen? Sicherlich weil sich die Einsperrungsfrage sehr Konkret und auf unterschiedliche Weisen in unseren Leben stellt und weil das Nachdenken darüber, eine Notwendigkeit ist, um dagegen zu Handeln.
Es geht nicht im geringsten darum von den Ansichten einer Armada von Spezialisten (intellektuelle Menschenrechtler, reformistische Soziologen, kritische Journalisten, engagierte Anwälte, humanitäre Sozialarbeiter) auszugehen, die auf der Suche nach Anerkennung oder einem guten Gewissen sind. Sie ekeln uns ebenso sehr an, wie wir ihre Art verabscheuen, mit der sie sich auf diese «Frage» stürzen. Als Rekuperateure führen sie ihre Analysen, ihre Sprache und ihre Mittel, die im Wesentlichen politischsind, in einen Konflikt ein, der alles in allem ziemlich deutlich sein könnte: Jener zwischen der kategorischen Ablehnung der Einschliessung und der Verteidigung eines System von Ausbeutung und Herrschaft, das sie nötig hat. Als Pazifizierer beabsichtigen sie alle damit in Übereinstimmung zu bringen, die schreckliche Bedingung, innerhalb eines abgeschlossenen Raumes der Freiheit beraubt zu sein, zu verbessern und lassen absichtlich ausser Acht, dass die notwendige Zerstörung der Orte der Einsperrung und Bestrafung auch über die Zerstörung der Gesellschaft, die sie Hervorbringt, verläuft.
Es sind vielmehr die Grenzen mit denen wir uns alle innerhalb der sogenannten Anti-Knast Kämpfe konfrontiert sehen, die Fragen aufwerfen. Es passiert nicht nur, dass Radikale und sogar Anti-Autoritäre im Namen einer Ausweitung des Kampfes gegen die Gefängnishölle, einer Dringlichkeit oder einer besonders schmerzhaften Situation Spezialisten in ihre Aktivitäten integrieren. Sie reproduzieren vorallem gelegentlich diesen politischenDiskurs der Menschenrechte oder tragen ihn sogar selbst voran, sei es weil er zugänglicher und breiter abgestützt ist, weil die Kritisierung der «Rechte» und des Rechts Drinnen doch weniger gelten würde, weil man auch opportunistisch zu spielen wissen muss oder weil die Gefangenen danach Fragen. Hier werden wir uns oft bewusst, dass die Tatsache an sich, das Terrain des Gefängnisses als bevorzugter «Kampfbereich» zu betrachten, gewissermassen darauf hinausläuft, dieses künstlich vom «Rest» der Gesellschaft und der Kritik an ihr loszulösen; andererseits verleitet es dazu, die wirklichen Widersprüche zu vergessen und so die falschen Trennungen zu verstärken: politische/soziale Gefangene, Drinnen/Draussen, kämpfende Subjekte/Unterstützungsgruppen, etc…
Dieser letztere macht sich deutlich, wenn sich Gefangene organisieren und daraufhin «Draussen» dazu aufrufen, mit ihnen auf recht unklaren oder mit einer revolutionären und anti-autoritären Perspektive unvereinbaren Grundlagen zusammen zu kommen. Der Spielraum ist folglich darauf beschränkt, entweder der Bewegung zu folgen und die Differenzen zu verschweigen oder seine eigenen Inhalte in einem Rahmen voranzutragen, der im Wesentlichen nicht geteilt wird. Doch diese Wiedersprüche stechen noch stärker ins Auge, wenn jene, die gegen das Gefängnis kämpfen, völlig hilflos gegenüber den Revolten stehen, die auf unterschiedliche Weisen in den Knästen ausbrechen. Die Wahl die sich dann stellt, lässt sich oft als bedingungsloses Fördern von Revolten aus einer aussenstehenden Position zusammenfassen, ohne sich die Räume anzueignen, die sie öffnen und dem freien Lauf zu lassen, was uns daran für den Kampf gegen alle Käfige inspiriert. Es erstaunt also nicht, wenn sich die Agitation gegen das Gefängnis bei Abwesenheit einer gewissen Agitation innerhalb der Gefängnisstrukturen (im engsten Sinne des Wortes), sich nur sehr selten gegen all das richtet, was uns tagtäglich einschliesst
Angesichts dieser Reihe von Sackgassen, die sich stetig wiederholen, ist es dringend nötig die Vernichtung von allenGefängnissen wieder an den Wurzeln anzugehen. Nicht, um der notwendigen Solidarität mit jenen, die sich dort, wo sie sind bereits damit auseinandersetzen (und einige unter extremen Umständen) zu entsagen, sondern um überall in Worten und Taten die Verwerfung von allem, was sich an der Unterdrückung und Einsperrung beteiligt, zu betonen, und dem die einzig mögliche Perspektive zu entgegnen: Jene der Freiheit.